Photo: Manuela Uhl - Chrysothemis - Elektra Teatro Real de Madrid © Javier del Real; Salome - Montpellier; Elektra; Der Freischutz © Andre Rival, Gertraud.
Manuela Uhl feierte in den Opern von Richard Strauss große Erfolge als Salome, Kaiserin, Chrysothemis und Danae an wichtigen Opernhäusern, wie der Deutschen Oper Berlin, dem Teatro Real Madrid, dem Nationaltheater München, der Opera de Nice, der Opera de Montpellier, den Maifestspiele Wiesbaden, den Festspiele Baden-Baden, in Kiel und Lübeck. Wagners Senta sowie Elisabeth und Venus sang sie u.a. an der Deutschen Oper Berlin, in Peking, an der Deutschen Oper am Rhein, in Kopenhagen u.a., die Freischütz Agathe u.a. an der Deutschen Oper Berlin und dem Teatro Maestranza Sevilla. Marie/Marietta in Korngolds „Tote Stadt“ war sie in Palermo und Madrid. Dabei arbeitet sie regelmäßig mit Dirigenten, wie Christian Thielemann, Pinchas Steinberg, Antonio Pappano, Kent Nagano, Semyon Bychkov, Lorin Maazel, Raphael Frühbeck de Burgos, Leopold Hager, Donald Runnicles, Ulf Schirmer u.a. Der Schwerpunkt liegt auf Partien der deutschen Spätromantik und der klassische Moderne, die neben stimmlicher Strahlkraft, hohe musikalische Differenzierungsfähigkeit auch das mädchenhafte Aussehen einer singenden Schauspielerin erfordern. Manuela Uhl kommt vom Bodensee und hat in Salzburg, Zürich und Freiburg studiert. Von 1995 an war sie am Badischen Staatstheater Karlsruhe engagiert und sang hier das 1. Sopranfach. An den Bühnen der Landeshauptstadt Kiel erweiterte Manuela Uhl ihr Repertoire um große Partien der Spätromantik. Seit der Spielzeit 2006/2007 ist Manuela Uhl der Deutschen Oper Berlin verbunden und tritt regelmäßig in den großen Partien vorwiegend von Strauss und Wagner auf und gastiert an wichtigen Opernhäusern im In- und Ausland. Im Konzertbereich singt Manuela Uhl vorwiegend in den Werken von Strauss („Vier letzte Lieder“), Schönberg, Mahler (8. und 4.), Verdi Requiem, sowie Beethoven 9. Sinfonie Es sind zahlreiche CDs und DVD erschienen, auf denen Manuela Uhl Hauptpartien singt.
......Manuela hat freundlicherweise zugestimmt, das Interview, in dem wir uns über Beruf und Privates unterhalten, zu veröffentlichen.
Wie und warum sind Sie denn Opernsänger geworden?
Als Kind habe ich schrecklich gern Klavier gespielt und noch lieber gesungen. Dabei konnte ich
Gefühle erleben, verarbeiten und ausdrücken. Auch Gefühle, die ich im echten Leben noch nicht hatte. Die Zukunft stellte ich mir bunt und wild gemustert vor. Nebeneffekt der Singerei war, dass ich den Alltagsfrust....ja, das haben Kinder auch schon....besser durchhalten konnte. Dazu interessierten mich Menschen.Ich hörte gerne zu, auch alten Geschichten und Lebenserinnerungen. Wenn andere das dann als tödlich langweilig empfanden, erfand ich mir ungesagte, spannende Details dazu. Gemalt und gelesen habe ich auch viel. In Büchern kann man Dinge erleben, die ein Leben in einer kleinbürgerlichen Familie einem Kind nicht bieten kann. Realität und Phantasie konnte ich schwer trennen. Das alles hat mich dann, mit den üblichen Irrungen und Wirrungen, zu diesem Beruf geführt.
Na ja, so direkt wohl nicht. Haben Sie nicht auch Architektur studiert? … Irrungen..?
Ja, das Leben war dann noch bunter als ich es je erwartet habe. Ich suchte nach etwas Verlässlichem, etwas woran man sich festhalten kann. Architektur bietet Kreativität, basierend auf festen Regeln. Das Gesangsstudium und auch das Leben erschien mir damals so unfassbar, so beliebig. Übrigens gibt es viele Gemeinsamkeiten zwischen Architektur und Musik. Musik ist Architektur der Zeit. Ich habe versucht die zeitliche Komponente bei meinen Entwürfen zu berücksichtigen. Wie erlebt man einen Raum, was passiert beim Durchgehen, beim Erleben des Raumes..., Homophone und polyphone Fassaden hab ich entworfen... ja, sie lachen. Stimmt das geht jetzt zu weit.
Donald Runnicles, damals noch scheidender GMD in Freiburg, hat sie dann jedoch den Weg zur Oper einschlagen lassen.
Er war schon auf dem Sprung nach San Francisco. Gearbeitet habe ich mit ihm damals nicht. Er hat mich an seinen Nachfolger, Johannes Fritzsch verwiesen und dieser hat mich als Schwangerschaftsvertretung für seine Sopranistin engagiert.
Seit dieser Zeit kamen Sie von der Musik nicht mehr los. Es folgten große Opernhäuser , z.B, Karlsruhe, Leipzig, die Deutsche Oper Berlin, Nationaltheater München, die Staatsopern in Stuttgart und Hamburg, Teatro Real Madrid, Teatro Massimo Palermo, Tokyo, Sevilla, Nizza.... . Wie hat sich die Stimme damit entwickelt? Wie würden Sie heute Ihre Stimme beschreiben?
Es ist schwer, sich selbst zu beschreiben. Man sagt, die Stimme wäre klar und ehrlich im Klang. Sie würde mühelos durch das Orchester kommen und Farben und Gefühle direkt vermitteln.
Damit eignet sich die Stimme wohl gut für Strauss und Wagner? Welche Rollen umfasst Ihr ständiges Repertoire?
Das Kernrepertoire umfasst viele Partien der Romantik und Spätromantik. Von Richard Strauss: Salome, Kaiserin, Chrysothemis, Daphne, Danae, Aminta, von Richard Wagner: Elisabeth, Venus, Senta, bald auch die Elsa, Beethovens Leonore, Webers Agathe usw. Auch habe ich viel und sehr gerne die Oper der Spätromantik gesungen, z.B. auch Konrngolds Tote Stadt, die ich in Palermo und Madrid gemacht habe, aber auch Werke von Schreker, Zemlinsky, Krenek, Waltershausen und d´Álbert.
Und wie steht es mit dem italienischen Repertoire?
Ich habe Desdemona, Elisabetta, Violetta, Nedda und Liu gesungen. Das hat mir große Freude gemacht. Zudem ist das italienische Repertoire gesund für die Stimme und mir liegt diese unverstellte Leidenschaft.
Welche der Rollen hat Ihnen die Tür zu einer internationalen Karriere geöffnet?
Salome, Chrysothemis und Kaiserin
Drei sehr unterschiedliche Frauen. Identifizieren Sie sich mit einer dieser Rollen?
Es ist unerlässlich eine Rolle bis ins Detail zu erfassen, erfühlen und zu verstehen. Nur wenn Sie auch die kleinste Handlungsweise verstehen können, wird ihre die Figur zum Leben erwecken. Doch das reicht leider auch noch nicht. In der Vorbereitung und in Proben können Sie den Rollen emotional ganz auf den Grund gehen, später müssen Sie diese Gefühle verarbeiten. Man kann nicht auf der Bühne total von Gefühlen übermannt werden. Das ist mir leider auch schon passiert. Nein, jetzt kommt die Arbeit. Jetzt geht es darum, die richtige Form zu finden und zu halten. „ Immer Ergriffene sind selten Ergreifende“oder anders gesagt, wenn sich die Gefühle verselbstständigen, dann rührt man nur noch, berührt aber nicht mehr. Erst durch die künstlerische Überhöhung wirkt die Figur natürlich und wir können vergessen, dass ein normaler Mensch nicht singend durchs Leben schaukelt -sagen wir mal- die Idee ist: So zu singen, dass die Zuschauer vergessen, dass man singt.
Wer oder welches Geschehen hatte den größten Einfluss auf Ihre Karriere?
Christoph Seuferle hat mir, nachdem er mich zufällig in Kiel gehört hatte , die Salome in Montpellier angeboten. Das war ein Rollendebüt, mit viel internationaler Presse und auch gleich an einem so großen Haus, mit einer wunderbaren Besetzung: James Rutherford als Jochanaan, Gerhard Siegel als Herodes, Julia Juon als Herodias, Dirigat Friedemann Layer. Ich bin mir des großen Wagnisses, das er damit eingegangen ist wohl bewusst und habe mich zwei Jahre später, also 2007 sehr gefreut, als er der Operndirektor der Deutschen Oper Berlin wurde. Ich war da bereits ein Jahr Ensemlemitglied. Der Chefdramaturg der Deutschen Oper Berlin, Andreas K.W. Meyer, sowie die damalige Intendantin Kirsten Harms, haben mir wunderbare Partien anvertraut. Die Deutsche Oper Berlin, mit ihrem hervorragenden Chor, diesem farbigen Orchester und den vielen lieben Kollegen, betrachte ich als meine künstlerische Heimat. Um so mehr freue mich, dass ich auch unter der neuen Intendanz so schöne Rollen, wie z.B. die Elisabeth im Tannhäuser, Elsa, Irene im Rienzi und Chrysothemis singen werde. Ich habe übrigens, was viele nicht wissen, bereits unter Götz Friedrich mehrmals mit einer Hauptpartie an der Deutschen Oper gastiert. Auch damals habe ich mich dort sehr wohl gefühlt.
In Ihrem heutigen, freiberuflichen internationalen Sängerleben sind Sie sehr viel unterwegs. Wie kommen Sie damit zurecht?
Das ist das Schwerste für mich und das ginge nicht ohne meinen Mann. Er ist mir immer liebevoll, wohlwollend, jedoch auch kritisch zur Seite gestanden. Wir sind jetzt bald 20 Jahre verheiratet und haben drei wunderbare Buben. Mein Mann kann sich, als Radio- und Fernsehmoderator, immer wieder Freiräume schaffen. Dann kommt er und die Kinder mit mir mit. Klappt das gerade mal nicht, nutze ich jede Gelegenheit, um nach Hause zu fliegen. Ich brauche zwar nicht viele Menschen um mich, aber die Menschen die ich liebe vermisse ich schrecklich. Auf der anderen Seite haben wir wenig langweiligen“Alltag“. Der Wechsel zwischen intensivem Zusammensein und leidenschaftlichem Vermissen hat auch etwas. Das Leben bleibt spannend. Wenn ich allein unterwegs bin arbeite ich gerne rund um die Uhr um mich abzulenken. Ich freue dann um so mehr über anspruchsvolle Regie, die einen fordert.
Mögen Sie Regietheater oder bevorzugen Sie traditionelle Regie ?
…..durchdachte Regie! Der Regisseur sollte wissen, welche Schwerpunkte er setzen will, Musik verstehen können, und seine Personenregie sollte nachvollziehbar sein. Doch für letzteres ist ein Sänger heute auch selbst verantwortlich. Man muss immer wieder in den Dialog treten. Man muss zum Anwalt seiner Partie werden.
Wie passt man im Probenalltag auf seine Stimme auf? Auf was muss man in der Entwicklung seiner Stimme, vor allem bei Partien von Strauss und Wagner achten?
Nie mit dem Rücken zur Wand stehen. Man darf sich nicht auf einen Zweikampf mit dem Orchester einlassen. Ein Sänger ist für seine Stimme verantwortlich, nicht für die Dynamik des Orchesters. Bei vielen guten Kollegen kann man sehen, dass ein konzentriertes Mezzoforte besser trägt, als das Gegenansingen. Ich selbst passe auf ehrlich zu bleiben. Das bedeutet für mich, einen Klang oder eine übliche Stimmfarbe nicht zu imitieren, sondern die Emotion, die Aussage in mir selbst zu finden. Auch dann, wenn es mal nicht den Hörgewohnheiten entsprechen sollte. Das wäre nicht möglich ohne Stimmtechnik. Hier muss man permanent arbeiten. Das ist wie beim Segeln. Man hat ein Ziel, das man nicht aus den Augen lassen darf, muss aber immer wieder den Kurs korrigieren, gegen ankreuzen, das Ruder umlegen. Rückenwind ist selten.
Stichwort Segeln. Sie segeln gerne?
Ja, ich segle gerne mit meiner Familie auf TRISTAN, unserem Segelboot. Dort haben wir Zeit miteinander. Wir arbeiten gemeinsam daran, immer neue Ziele zu erreichen. In der Dänischen Südsee gibt es für und immer wieder Neues zu entdecken und doch haben wir mit dem Boot ein vertrautes Zuhause dabei. Die Senta habe ich übrigens beim Segeln einstudiert. Und wenn ich da manchmal ein bisschen seekrank werde, kann ich wohl besser als jede andere Senta nachvollziehen, dass der Hölländer nur eines will, an Land zur Ruhe kommen.
Gibt es darüber hinaus noch anders Interessen außerhalb des Berufes?
Alles was ich mit meiner Familie gemeinsam tun kann. Ich arbeite auch gerne in meinem Garten und gehe am Stand spazieren, wir wohnen direkt an der Ostsee. Wenn ich allein bin, dann male und lese ich, kämpfe gegen meinen Schachcomputer oder träume auch mal einfach vor mich hin.
Gibt es noch berufliche Träume? Wunschpartien?
Ich singe mein Traumrepertoire schon. Darüber hinaus freue ich mich auf die Els in Schrekers „ Schatzgräber“, die ich nächstes Jahr in Amsterdam zum ersten Mal singen werde.
Wir freuen uns auch darauf. Vielen Dank für das Gespräch. RJ